Das Ende der Ermittlungen naht
RHEINE. Wer hat die Sporthalle des Emsland-Gymnasiums angezündet? War es fahrlässige oder vorsätzliche Brandstiftung? Kann das Gebäude saniert werden oder muss ein Neubau her? Auch fast fünf Wochen nach dem verheerenden Feuer gibt es noch keine Antworten auf die wichtigsten Fragen. Allerdings befinden sich die polizeilichen Ermittlungen kurz vor dem Abschluss.
Einen neuen Ermittlungsstand gebe es nicht, sagte Heike Piepel, Erste Kriminalhauptkommissarin und Leiterin der Pressestelle der Kreispolizei Steinfurt, auf Anfrage unseres Medienhauses. Die Polizei sei „am Thema dran und ermittelt umfangreich“. In den kommenden Tagen werde der Vorgang an die Staatsanwaltschaft Münster übergeben.
Damit macht das Ermittlungsverfahren einen wichtigen Schritt, denn nur die Staatsanwaltschaft bewertet dieses Verfahren nach dem Ende der polizeilichen Ermittlungen „abschließend sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Sicht“, sagte Martin Botzenhardt, Oberstaatsanwalt und Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Münster, gegenüber der Redaktion. Das allerdings kann durchaus mehrere Wochen dauern. Besteht nach dieser Bewertung ein „genügender Anlass“, wird Anklage beim zuständigen Gericht erhoben (siehe auch Infobox).
Auch bei der Stadt Rheine dauern die Ermittlungen an. Hier ist man noch dabei, mit gutachterlicher Hilfe den Schadensumfang und die Kosten festzustellen. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. „Aktuell werden die Schäden eingehender untersucht“, teilte Stadtsprecher Frank de Groot-Dirks mit. Dies gelte insbesondere für das Mauerwerk mit den Zwischenschichten, dessen Zustand über Abbruch oder Sanierung entscheidet. „Die Arbeiten werden auch noch einige Zeit in Anspruch nehmen.“ Erst dann könne man konkrete Aussagen treffen.
Die Sporthalle ist weitestgehend ausgeräumt. „Die aktuellen Planungen zielen darauf ab, dass mit dem Ende der Sommerferien der Umkleidetrakt, allerdings ohne Sanitärräume, wieder genutzt werden kann“, blickte de Groot-Dirks voraus. Die Planungen für den Sportunterricht im neuen Schuljahr laufen auf mehreren Ebenen. In jedem Fall wird die fußläufig erreichbare Sporthalle der Abendrealschule (Mittelstraße) genutzt werden. „Weitere alternative Hallenkapazitäten an verschiedenen Standorten stehen zur Verfügung und wurden mit der Fachschaft Sport des Emsland-Gymnasiums auch bereits besichtigt.“ Das ist auch eine Folge aus dem öffentlichen Aufruf der Stadt bei der Suche nach Ausweich-Räumen. „Dabei ist eine Fülle von Angeboten eingegangen – ein deutliches Zeichen von gegenseitiger Hilfsbereitschaft und Solidarität“, heißt es aus dem Rathaus, verbunden mit einem Dank an Schulen, Vereinen und privaten Institutionen für die angebotenen Kapazitäten.
Konkret wird daher nichts mehr gesucht. Aktuell geht die Schulverwaltung davon aus, dass „die Bedarfe aus den vorliegenden Möglichkeiten gedeckt werden können“. Das Emsland-Gymnasium steigt ab Anfang August in die konkrete Stundenplangestaltung ein, unter anderem mit drei Eingangsklassen und 83 neuen Schülerinnen und Schülern im 5. Jahrgang. Dann wird abschließend festgelegt, welche alternativen Sportstätten genutzt werden. Wenn der Stundenplan steht, wird die Schule die Eltern informieren.
„Es ist die gesetzliche Aufgabe (nur) der Staatsanwaltschaft, ein (polizeiliches) Ermittlungsverfahren nach dem (vorläufigen) Ende der polizeilichen Ermittlungen abschließend sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Sicht zu bewerten“, erläuterte Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt die grundsätzliche Arbeitsweise der Staatsanwaltschaft. Nur die Staatsanwaltschaft schließt also ein Ermittlungsverfahren ab.
In tatsächlicher Sicht bedeutet, dass sie die von der Polizei zusammen getragenen Ermittlungsergebnisse (also zum Beispiel Zeugenvernehmungen, objektive Erkenntnisse zu dem Geschehen, Spurenauswertungen) dahingehend bewertet, ob sich ein konkretes Tatgeschehen feststellen und nachweisen lässt, und ob für dieses – möglicherweise strafrechtlich relevantes – Ereignis ein Tatverdächtiger (oder mehrere Verdächtige) verantwortlich sein können. Nur der Staatsanwaltschaft obliegt dann auch die rechtliche Bewertung dieses Ereignisses - also, ob die tatsächlich festgestellte „Tat“ auch eine verfolgbare Straftat darstellt. Entscheidend ist dabei Paragraf 170 der Strafprozessordnung. Besteht „genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage“ (sog. hinreichender Tatverdacht), erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage bei dem zuständigen Gericht, sofern sie das Verfahren nicht auf andere Weise entscheidet. Lässt sich ein hinreichender Tatverdacht nicht begründen, stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.
Richtet sich ein Verfahren gegen Jugendliche oder Heranwachsende, enthält das Jugendgerichtsgesetz (JGG) weitere Sanktionsmöglichkeiten, da anders als im Erwachsenstrafrecht gerade bei Jugendlichen der sogenannte „Erziehungsgedanke“ im Vordergrund stehe.
Praxisrelevant sei aber auch, dass die Staatsanwaltschaft nach dem Abschluss der polizeilichen Ermittlungen noch Anlass für weitere Ermittlungen sieht, die sie dann in Auftrag gibt (zum Beispiel ergänzende Zeugenvernehmungen oder die Beauftragung von Sachverständigen). „Diese Vorgehensweise bei der Prüfung des Sachverhalts gilt letztlich für alle Ermittlungsverfahren“, betonte Botzenhardt.
Ob eine Dezernentin/ein Dezernent eines Ermittlungsverfahrens sich einen persönlichen Eindruck von einer Brandstelle, einem Tat- oder Unfallort verschaffen möchte, obliege stets der eigenen Entscheidung.
Quelle: Münsterländische Volkszeitung, 25.07.2025, © Altmeppen Verlag GmbH & Co. KG ,
alle Rechte vorbehalten.