„Du hast Rechte!“ Interaktive Ausstellung hilft Jugendlichen beim Setzen von Grenzen
RHEINE. Sechs bunte Kabinen stehen seit Montag in den Räumlichkeiten des Jakobi-Jugendzentrums. Das Innere mancher Boxen wirkt wie ein regelrechtes Gruselkabinett – Mehrere Augenpaare starren einen an, ein Dutzend Hände greift nach den Besucherinnen und Besuchern. In einer weiteren wird die Anklageschrift eines Sexualstraftäters vorgelesen. Teilweise sind auf den Außenwänden heftige Bilder zu sehen: „Hey Schwuli, heute schon gefickt?“, lautet der Spruch einer Schülergruppe, die einen Klassenkameraden mobbt. Auf einer anderen Kabine stehen Flirtsprüche, von denen manche eindeutig als sexuelle Belästigung gewertet werden sollten.
Um die Boxen herum laufen junge Schülerinnen und Schüler, inspizieren das Äußere, nehmen teil an der Interaktivität. Die Boxen gehören zur Ausstellung „Echt Krass!“, dienen der Prävention sexueller Übergriffe unter Jugendlichen.
„Es ist keine Ausstellung wie im Museum, denn wir fordern die Besucherinnen und Besucher explizit auf, die Exponate anzufassen und mit ihnen zu interagieren“, sagt Carsten Timpe von der Einrichtungsleitung des Jakobizentrums. Für ihn ist es ein besonderer Moment, die Ausstellung des Petze-Instituts aus Kiel im Jugendzentrum begrüßen zu dürfen. Statistisch gesehen gibt es in jeder Klasse eine Person, die von sexuellem Missbrauch betroffen ist, erklärt Timpe.
Das Thema Sexualität ist für Jugendliche neu und spannend. Aber: Wenn Grenzen verletzt werden, darf das nicht einfach als sexuelle Neugier oder ungeschickte Annäherung abgetan werden. Um ihr Verhalten ändern zu können, brauchen übergriffige Jugendliche Unterstützung. Auch darauf zielt die Ausstellung ab. Sie soll den Jugendlichen ein Gefühl dafür geben, was okay ist und was nicht. Wer ihnen nahe kommen darf, dürfen sie selbst entscheiden.
Am vergangenen Montag, dem Tag der Eröffnung, waren Klassen des Emsland-Gymnasiums und des Berufskollegs Kreis Steinfurt anwesend. Bevor sie sich den einzelnen Stationen widmen durften, gab es noch ein paar begrüßende Worte der Organisatoren.
„Die Ausstellung ist durch Zufall zu uns gekommen“, erzählt Timpe. Zwei Wochen lang war die Ausstellung in Münster, danach sollte sie ins Tecklenburger Land. In der Zeit dazwischen passte es mit Rheine ganz gut. Pfarrerin Claudia Raneberg besuchte ebenfalls die Eröffnung: „Es ist ein wirklich wichtiges Thema, was glücklicherweise immer mehr in den Mittelpunkt gerückt wird.“ Eva Schneider-Margner von Jugendzentrum gab noch weitere Infos zum Petze-Institut mit und erklärte den Schülerinnen und Schülern, was das Wort „petzen“ noch bedeuten kann – nämlich, dass man nicht wegsieht und Hilfe holt. Auch Bürgermeister Peter Lüttmann war vor Ort und richtete ein paar Worte des Dankes an das Jakobizentrum und die Kirche.
Für Viola Langenberger, Präventionskraft im Bereich Sexualisierte Gewalt für die Kirchenkreise Münster und Tecklenburg, gehört das Thema Sexualität bei Jugendlichen zu den wichtigsten überhaupt. In diesem Rahmen erzählte sie den Besucherinnen und Besuchern eine kleine Geschichte: „Ich war bei einer Theateraufführung, in der es um einen Jungen ging, der mit Nacktbildern erpresst wurde. Das Publikum bestand zum Großteil aus Fünft- und Sechstklässlerinnen und -klässlern. Am Ende der Aufführung wurden sie gefragt, wer so etwas schon mal im eigenen Umfeld erlebt hat. Von rund 250 Schülerinnen und Schülern haben gerade einmal 25 nicht aufgezeigt.“ Deshalb, erklärt Langenberger, sei es so wichtig, dass man das Thema weiter in die Öffentlichkeit bringe und sich darüber genügend austausche.
Für die nächsten zwei Wochen können Interessierte die Ausstellung im Jakobizentrum an der Gartenstraße 9 besuchen.
Dies ist sowohl in Gruppen, zum Beispiel als Schulklassen, als auch als Einzelperson möglich. In diesen zwei Wochen sind außerdem noch zwei Themenabende sowie ein Filmabend zu diesem Thema geplant.
Die Ausstellung ist bis einschließlich zum 10. Oktober einsehbar. Gruppen können sich für die Blöcke von 10 bis 12 Uhr, 12 bis 14 Uhr und 14 bis 16 Uhr anmelden. Von 16 bis 18 Uhr sind Anmeldung von Einzelnen möglich.
Weitere Infos unter Tel. 05971 2524 oder per E-Mail an
Quelle: Münsterländische Volkszeitung, 02.10.2025, © Altmeppen Verlag GmbH & Co. KG ,
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